» FINANZIERUNG

Haste mal nen Euro?
Wie erfolgreiches Fundraising funktioniert.

von Willi Schönauer, speziell für Jugendkirchen.
Veröffentlichungen ausdrücklich vorbehalten-Danke.

Übersetzt man ‚Fundraising’ wortwörtlich als ‚Kapitalbeschaffung’ könnte man den Begriff  fälschlicherweise als anderes Wort für Sponsoring verstehen. Dabei umfasst er die gesamte Erschließung zusätzlicher Ressourcen, dazu zählen Projektgelder ebenso wie Stiftungsmittel, Benefiz-Veranstaltungen, Dienstleistungen, Sachleistungen, Leihgegenstände, Patenschaften, Kooperationen und Erbschaften, um nur einige zu nennen, Sponsoring ist nur ein Teil dieser großen Aufgabe.

Kürzlich dachte sich ein Jugendkirchenmanager mit chronischem Zeitmangel, dass es eine gute Idee sein könnte, einen  Geldbeschaffer anzuheuern. Zwei Fliegen sollten mit einer Klappe geschlagen werden: Das zu klein geratene Betriebsbudget würde steigen und er selbst hätte mehr Zeit für andere Aufgaben. Erste Kontakte zu professionellen Fundraisern waren freundlich und vielversprechend. Doch wenige Wochen später gab es herbe Ernüchterung: Für mehr wie tausend Euro würde erst einmal ein Fundraisingkonzept erarbeitet und für einige tausend Euro pro Jahr könne man dem Team lediglich sagen, was sie machen müssen. Die erhoffte Zeitersparnis und höhere Einnahmen waren in weite Ferne gerückt, statt dessen schrumpfte das Budget noch weiter.

Aber so ist das mit dem Fundraising: Es muss aufwändig vorbereitet werden, verlangt vom ganzen Team Zeit-Ressourcen, verursacht zusätzliche Unkosten und trägt sich erst nach einer gewissen Anlaufzeit.

Gutes Jugendkirchenmanagement plant also Fundraising als feste Größe ein, sowohl im Haushalt, dort zuerst als Ausgaben und erst später mit Überschüssen, als auch beim Zeitbedarf aller MitarbeiterInnen, denn Fundraising ist Querschittsaufgabe. Braucht die Jugendkirche neue Technik, ist der Haustechniker mit eingebunden, geht es um Kooperation mit einer Schule, ist der Gemeindepädagoge gefragt, kirchliche Stiftungen sprechen bevorzugt mit dem Seelsorger und soll eine spezielle Person als Unterstützer gewonnen werden, macht das sinnvollerweise das Teammitglied, das diese Person schon kennt.

Gemeinsam werden die Kontakte zu den Unterstützerinnen aufgebaut und in einer Datenbank notiert. Hat ein Unternehmer zum Beispiel die Förderung eines Jugend-Gottesdienstes abgelehnt, weil ihm das zu modern ist, aber bei Gelegenheit die kostenlose Überlassung eines Lastwagens in Aussicht gestellt, sollte man das vermerken. Es wäre sinnvoll, ihn ab und zu über die Jugendkirche und besondere Events zu informieren, es aber vermeiden, ihn dauernd zu Jugend-Gottesdiensten einzuladen.

Zu den Grundlagen des Fundraisings gehört, dass Kontakte wohldurchdacht regelmäßig gepflegt  und auf Dauer angelegt werden. Wer weiß, dass im Schnitt erst nach fünf Anfragen eine Reaktion erfolgt, kennt die Bedeutung kontinuierlicher Arbeit. Gelingt es dann, eine Win-Win-Situation herzustellen, in der alle Beteiligten gleichzeitig Gebende und Nehmende sind, ist das Optimum erreicht. Dazu müssen passende Pakete geschnürt werden: Unglücklich wäre der Versuch, Jugendkirche durch einen Heizdecken-Hersteller fördern zu lassen, weil Jugendliche einerseits solche Decken kaum nutzen oder kaufen und andererseits der Hersteller mit Jugendkirchenförderung wenig Aufmerksam bei seiner Zielkundschaft erreicht. Besser geeignet ist  ein Fahrrad-Vertrieb oder ein Internet-Shop für christliche Popmusik, da passt es gegenseitig.

Fundraising-Aktionen sind beispielsweise gut um den Ausbau der Kirchenbänke herum zu veranstalten: Ein Abschiedskonzert auf den alten Bänken, die Künstler treten kostenlos auf, der Eintritt ist Beitrag für die Anschaffung neuer Stühle. Eine Foto-Ausstellung mit Umfrage zu den alten Bänken ist in der Kirche aufgestellt und im Internet anzusehen, jeweils wird um Patenschaft für einen Stuhl gebeten. Die Bänke werden in kleinen Abschnitten von Künstlern zu Kunstobjekten umgestaltet, signiert und im Rahmen einer Performance versteigert, anschließend gibt es ein Frei-Raum-Event usw.

Für das Fundraising muss, wie für andere Bereiche auch, eine gut gemachte Selbstdarstellung der Einrichtung verfügbar sein und eine auch für Laien verständliche kurze Projektdarstellung des zu unterstützenden Bereichs.

 

Fundraisingkonzept - die Grundlage der Profis

Ähnlich wie beim Konzept für Öffentlichkeitsarbeit ist das Fundraisingkonzept ein komplexes Gebilde, das in viele Bereiche der Jugendkirche wesentlich eingreift, aber in seiner Bedeutung oft unterschätzt wird. Wer sich darauf vorbereiten will, dem sei das teure, umfassende Buch der Fundraising Akademie Frankfurt a. M. „Fundraising. Handbuch für Grundlagen, Strategien und Instrumente“ in der aktuellen Auflage empfohlen. In jedem Fall wäre es hilfreich, erfahrene PraktikerInnen als Coachs bei der Umsetzung dabei zu haben.

Das Konzept legt fest, dass Fundraising konsequent eingeplant und wichtiger Bestandteil des Betriebskonzeptes wird, mit dem Ziel, gute Voraussetzungen und ein kontinuierlich günstiges Klima für potentielle Sponsoren und Mäzene zu schaffen. Ergänzend wird ein Ehrencodex für die Fundraising-Aktivitäten als Arbeitsgrundlage und Leitbild aufgestellt.

Dann werden die Leistungen und „Produkte“ der Jugendkirche aufgezählt. „Was hat das mit Fundraising zu tun?“ werden Sie sich jetzt vielleicht fragen und lieber gleich das Geheimrezept lesen, wie man mit wenig Arbeit in kürzester Zeit ganz viel Ressourcen für seine Jugendkirche bekommt. Leider gibt es weder dieses Geheimrezept noch geht es ohne Geduld und beharrliche „Knochenarbeit“. Dazu gehört, sich und für andere erst einmal klar zu machen, was die besonderen Angebote sind, die Jugendkirche ausmacht. Das sind beispielsweise „Veranstaltungen in allen Kultursparten mit bekannten KünstlerInnen in technisch ausgereifter Präsentation zu für Jugendliche erschwinglichen Preisen“ oder „Gottesdienstwerkstätten zur experimentellen Suche nach neuen Formen von Jugendgottesdiensten“.

Im nächsten Schritt werden potentielle Ansprech-Personen, Institutionen, Branchen und Gruppierungen aufgelistet, die Interesse an einer gut funktionierenden Jugendkirche haben könnten, dazu zählen Eltern und Verwandte des Zielpublikums oder auch Firmen, deren Zielpublikum sich mit dem der Jugendkirche deckt. Hier können auch gleich Auszuschließende benannt werden, zum Beispiel jugendgefährdende Betriebe, politische Parteien oder Produzenten harter Alkoholika.

Anschließend werden alle dem Fundraising zur Verfügung stehende Ressourcen aufgelistet, bestehend aus Zeitkontingenten einzelner MitarbeiterInnen, den Finanzmittel für das Coaching und für besondere Aktionen sowie für Geräte und Software. Hier könnte beispielsweise stehen „ 1000 € für eine jährliche Thanks-for-all-Veranstaltung für Förderer der Jugendkirche“.

Eine weitere Liste beschreibt alle Möglichkeiten, um Förderern sinnvoll ‚Dankeschön’ zu sagen. Darunter fällt die oben genannte Veranstaltung oder die kostenlose Zusendung des Jugendkirchen-Programms ebenso wie vergünstigter Eintritt,  Blumensträuße, Sponsoren-Tafel oder persönliche Führungen durch die Einrichtung.

Die Bereitstellung einer geeigneten Organisations-Struktur zur Unterstützung des Fundraising wird in einem Organigramm dargestellt und es erfolgt die Festlegung einzelner Abläufe.

Abschließend werden sämtliche denkbaren zusätzlichen Unterstützungs- und Finanzierungsmöglichkeiten aufgezählt, beispielsweise „Sonderaktion Kirchturm-Ausguck regelmäßig gegen Entgelt“, „Weihnachts-Kultur-Lotterie (Lose zum Verschenken)“, „Kreieren einer eigenen Getränkemarke z.B. ‚Spirit inside’ durch eigene Getränkeflaschen-Aufkleber oder „Beteiligung am Absatzerlös von Merchandising-Produkten wie T-Shirts, Tassen, Anhänger-Verkauf (dabei können auch Altmaterialien aus dem Kirchenumbau wie z.B. Bodenplatten, Kirchenbänke usw. mit verarbeitet werden).

Und dann kann es losgehen mit den ersten Fundraising-Kontakten. Übrigens: Der deutsche Spendenrat schätzt, dass viel mehr BürgerInnen zu einem Engagement bereit wären, wenn man sie nur (richtig) fragen würde - also nur Mut und viel Durchhaltevermögen!

Ergänzende Finanzierungsmöglichkeiten für Jukis

Stand: 08.03.2013 / ws

 

  • Projektförderung durch Drittmittel z.B. von Aktion Mensch
    Microprojekte (bis 4000,- €).
  • Projektförderung durch Stadt und Land (soziale und kulturelle Projektfördertöpfe)
    z.B. Innovationstopf von Kommunen und Land für wegweisende neue Projekte, z.B. Kulturetat der Kommune.
  • Besondere Kulturveranstaltungen mit Überschuss z.B. Sommer-Open-Air.
  • Eintrittseinnahmen-Überschüsse bei eintrittspflichtigen Kulturveranstaltungen wie z.B. Konzerte bzw. Seminargebühren-Überschüsse für z.B. Trommelworkshop.
  • Sonderaktionen regelmäßig gegen Entgelt wie z. B. Kirchturm-Ausguck.
  • Kontinuierliches, planmäßiges Fundraising wird erst nach einer Anlaufzeit von 3-5 Jahren nennenswerte Erträge liefern, dann allerdings kontinuierlich, hierbei Fachleute der Fundraisingakademie in Frankfurt/M einbeziehen.
  • Regelmäßige Charity-Veranstaltungen wie z.B. Spendenflohmarkt, Tombola etc. liefern nach Anschubleistung regelmäßig Erträge in noch auszulotender Höhe. Eventuell auch Weihnachts-Kultur-Lotterie (Lose z. Verschenken).
  • Gebrauchtgegenstände-Versteigerung über Ebay (Materialspende anstelle von Barspenden).
  • Public and Private Partnership: Firmen in einzelnen Bereichen gewinnen, eine Basisförderung zu übernehmen.
  • Sponsoren für einige attraktive Ausstattungsgegenstände, z. B. Stühle durch Bank oder Sparkasse, Beamer durch Elektronik-Fachmarkt etc.
  • Stiftungen für weltliche Jugendarbeit und Kulturarbeit heranziehen.
  • Vorsteuerabzug geltend machen von Bau.- und Betriebskosten.
  • Bistrocafé-Betrieb als soziales Projekt gestalten, darüber Mitfinanzierung von Raum- und Betriebskosten.
  • Getränkeabnahme-Rückvergütung durch Getränkelieferant.
  • Kreieren einer eigenen Getränkemarke z.B. „Spirit inside“ durch eigene Getränkeflaschen-Aufkleber und Beteiligung am Absatzerlös.
  • Sonderprodukte mit Spendenanteil in Zusammenarbeit mit örtlichem Handel, z.B. „Spendenbrot Juki“
    Vermietung der Räumlichkeiten außerhalb der Regelnutzung an geeignete kulturelle und private NutzerInnen (z.B. Gospel-Konzert im Kirchraum oder Konfi-Feier im Bistro-Café)
  • Vermietung von Ausstattung außerhalb der Nutzungszeiten (z.B. Verstärkeranlage incl. Bedienung durch Jugendliche an andere JugendkulturveranstalterInnen)
  • Betreute Vermietung der Kirchenwiese für geeignete Veranstaltungen.
  • Herausgabe eines Jahrgangs-Hefts, das durch Werbeeinnahmen Überschuss erwirtschaftet, eventuell auch beim Monatsprogramm erreichbar.
  • Gründung eines Fördervereines noch vor der Eröffnung.
  • Kostenpflichtige Werbebanner von passenden Anbietern auf der Homepage.
  • Merchandising-Produkte wie T-Shirts, Tassen, Anhänger-Verkauf. Hierbei auch Verwendung von Altmaterial aus der bisherigen Kirche wie z.B. Bodenplatten, Kirchenbänke etc.
  • Förderprogramme zur Aufwertung von Stadtteilen oder sozialen Brennpunkten.
  • Vermietung von Teilflächen des Kirchturms für geeignete Werbe-Transparente, zumindest in der Umbauphase. Oder Kirchturm-Besichtigung gegen Spende.

Achtung: Diese Liste ist längst nicht vollständig, jeder Punkt erfordert ein gewisses Know-how, manches ist nicht überall anwendbar, eine Analyse über geeignete Werkzeuge des Fundraisings sollte nach örtlichen Verhältnissen erstellt und geplant werden, ich berate gerne.

c: Willi Schönauer,
Projektberatung und Dienstleistung für Jugendkirchen,
Schlossstr. 7, 76456 Kuppenheim (Nähe Baden-Baden),
Tel. 0049 7222 4644, Fax 0049 7222 409722,
Mobil 0049 177 295 7545, 
Mail: WilliSchoenauer@aol.com

 

Jugendkirche-Förderung der EKIR

von Willi Schönauer

Neue Jugendkirchen-Projekte in der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKIR) können jetzt von einem aktuellen Förderprogramm profitieren, das die Landeskirche für Newcomer aufgelegt hat.

Als konsequente Fortführung der Empfehlung der Landessynode, verstärkt nach Realisierungsmöglichkeiten für neue Jugendkirchenprojekte zu suchen, (siehe hier) gibt es eine gut gemachte Publikation zum Thema Jugendkirchen. Darin werden die Erfahrungen eines Jugendkirchen-Hearings, von Fachleuten  und dem Netzwerk Jugendkirchen der EKIR zusammengetragen. Einige wenige Rest-Exemplare davon können über die Geschäftsstelle der EJiR, Email: hanke@afj-ekir.de, Tel. 0211/3610285 angefordert werden. Den Inhalt gibt es auch als kostenlosen Download:
http://www.ekir.de/www/downloads/Jugendkirche.pdf


Nun wird die Empfehlung mit dem gerade veröffentlichten Förderprogramm wirkungsvoll unterstützt.

Die Antragstellung ist recht einfach und unkompliziert - so muss Start-up-Förderung aussehen: http://jugend.ekir.de/service/afj_20130214_glaube_se-775.php

Mit Fördergeldern kann zum Beispiel eine Test-Veranstaltung organisiert werden, ein Ideen-Workshop stattfinden oder das Coaching für die ersten Schritte bezahlt werden.
files/Bilder_Fotos/Artikel-Fotos/Nadine Jamieson/saarbruecken1a.jpgAußerdem haben sich die Jukis im Netzwerk bereit erklärt, da und dort neue Projekte kollegial zu beraten. Eine Liste der Jukis gibt es unter http://www.jugendkirchen.org/juki-suche/orte-mit-jugendkirche.html

Neue Projekte können dadurch prima starten.

Zurück